Das Umdenken in der Beautybranche hat bereits eingesetzt. So verändert die Globalisierung nicht nur Schönheitsideale, sondern auch Make-up-Töne. Und die Kosmetikindustrie merkt: Es gibt mehr Hautfarben auf der Welt als Weiß. Etablierte Konzerne haben "multicultural beauty" als einen der wichtigsten Wachstumsmotoren im globalen Schönheitsmarkt identifiziert. Vieles am Konzept von Schönheit ändert sich zur Zeit. In immer mehr Kampagnen für Lippenstifte oder Foundations spiegelt sich eine umfassendere Vorstellung von Attraktivität wider. Die Definition von Schönheit weitet sich – und das nicht nur in Bezug auf Diversität, sondern beispielsweise auch hinsichtlich des Alters oder der Geschlechteridentität. Nun wird nicht mehr nur der hellhäutige, junge, heterosexuelle Mensch als idealtypischer Botschafter für Kosmetik und andere Produkte wahrgenommen.
Bislang hat die Kosmetikindustrie die Bedürfnisse dunkelhäutiger oder älterer Frauen, Transgender-Menschen, Homosexueller oder Behinderter nicht einfach nur missachtet. Sie hat ihnen durch Kampagnen und Produktangebote auch vermittelt, dass sie nicht dem Schönheitsstandard entsprechen und als Kunden, ja als Personen nicht relevant sind. Jetzt geben Beautymarken ihnen eine Plattform und sprechen sie mit Slogans und auf Social Media gezielt an. Die Wirkungskraft von Social Media und das Heranwachsen einer neuen, vielfältigen Kundengeneration haben dem Konzept von "multicultural beauty" zum Aufschwung verholfen.
Vielfalt rechnet sich also zunehmend, und die Konzerne sehen gut damit aus, denn die Botschaft gelebter Toleranz verkauft sich. Doch so ohne Weiteres lässt sich der globale Trend nicht auf die lokalen Märkte bringen. Schon in Frankreich suchen die Frauen nach anderen Make-up-Tönen als in Deutschland oder Finnland. Eine Palette mit 40 Tönen wird es nur dort in Kosmetikregale schaffen, wo es für alle diese Töne auch Kund*innen gibt.
Wenn also die Industrie nicht vorausschauend synchron mit der Gesellschaft wächst, so kann aber jede Kundin und jeder Kunde individuell dazu beitragen, die Kosmetikbranche für Dunkelhäutige zu unterstützen. Denn letztlich ist auch eine Foundation in passenden Tönen eine Sache der Nachfrage. Aber zum Glück gibt es sie ja, die Nachfrage. Und damit eine realistische Hoffnung, dass auch Sissy Boakye Ameyaw künftig für ihre passenden Kosmetikprodukte nicht extra nach Ghana reisen muss.