KOSMETIK IM GESPRÄCH: Stephanie Giersberg-Mischinger über Naturkosmetik
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Stephanie Giersberg-Mischinger über Naturkosmetik
Wie natürlich ist Naturkosmetik?
"Körper, Seele und Geist im Einklang mit der Natur"
Naturkosmetikerin Stephanie Giersberg-Mischinger.
Naturkosmetik dient der Verschönerung und Pflege unseres Körpers durch Wirkstoffe aus der Natur. Dies geschieht durch den Einsatz haut- und umweltfreundlicher natürlicher Rohstoffe. So unterstützt Naturkosmetik nicht nur die natürlichen Hautfunktionen und trägt dazu bei, dass unsere Haut "ganzheitlich gesund" bleibt, sondern sie leistet auch einen wichtigen Beitrag für unsere Ökobilanz. Vorausgesetzt, sie ist tatsächlich "natürlich"…
"Naturkosmetik belebt die Harmonisierung von Körper, Seele und Geist", sagt Stephanie Giersberg-Mischinger. Die Profikosmetikerin ist spezialisiert auf Naturkosmetik und weiß, was genau sich hinter dem Begriff verbirgt. Wir wissen: Nicht überall, wo "Bio" draufsteht, ist auch "Bio" drin. Und nicht alle Produkte, die den Zusatz "Natur" im Namen tragen, sind unbedingt immer natürlich. Worauf müssen wir also achten, wenn wir wirklich "natürliche Naturkosmetik" verwenden wollen? Und was zeichnet tierversuchsfreie oder vegane Kosmetik aus? Unsere Expertin mit eigenem Kosmetikinstitut in Durmersheim (Baden-Württemberg) klärt auf und gibt Tipps, worauf Profi-Kosmetiker*innen achten sollen, wenn die Kundschaft "natürliche Kosmetik" wünscht.
Naturkosmetik ist nicht immer "natürlich".
Frau Giersberg-Mischinger, Sie haben sich als Profikosmetikerin der Naturkosmetik verschrieben. Nun ist der Begriff Naturkosmetik ja nicht geschützt. Was bedeutet das für die Branche?
Richtig, die Bezeichnung "Naturkosmetik" ist leider nicht geschützt. Jede Kosmetikfirma könnte auf ihre Produktverpackung eine Pflanze und den Begriff "Naturkosmetik" abdrucken und somit den Verbraucher erfolgreich in die Irre führen. Nach wie vor verharmlost die Kosmetikindustrie der konventionellen Kosmetiksparte die möglichen Gefahren, die von kritischen Inhaltsstoffen in Kosmetikprodukten ausgehen können. Dafür müsste es Warnhinweise geben! Aber leider ignorieren manche Firmen diese Tatsache und täuschen die Verbraucher mit Werbeversprechen und falschen Behauptungen.
Sind Verbraucher*innen denn bei "zertifizierter Naturkosmetik" auf der sicheren Seite?
Ja! Das erste, klar ersichtliche Hilfsmittel, um sich in diesem "Naturkosmetik-Dschungel" zurechtzufinden, sind die Siegel der Naturkosmetikverbände. Für die Kosmetikerin und ihre Kunden ist es wichtig, vorrangig auf Marken zu achten, die sich einem Zertifizierungsprozess unterzogen haben und das Siegel des entsprechenden Naturkosmetikverbands, der die Zertifizierung durchgeführt hat, auf ihren Produkten aufbringen dürfen.
Welche Siegel empfehlen Sie?
Produkte mit einem Zertifizierungs-Label für Naturkosmetik verwenden natürliche Rohstoffe wie pflanzliche Öle, Fette, Wachse, Kräuterextrakte und Blütenwässer oder ätherische Öle und Aromen aus kontrolliert biologischem Anbau oder Wildsammlung. Logos: Beispiel-Label für zertifizierte Naturkosmetik
Meine bevorzugten Labels sind BDHI, Natrue oder Soil Association. Diese haben die strengsten und vertrauensvollsten Kriterien, was die Zertifizierung eines Produktes angeht.
Ein weiters nützliches Instrument für den Verbraucher ist die INCI-Deklaration. Fast alle Inhaltsstoffe eines Kosmetikproduktes müssen hier aufgeführt sein. Allerdings ist diese Liste für die Kunden nicht sofort eindeutig zu entziffern, weshalb ich die Verwendung der "Codecheck-App" gerne an meine Kunden weiterempfehle.
Kosmetika von Dr. Hauschka enthalten natürliche Inhaltsstoffe.
Was genau sind eigentlich natürliche Rohstoffe? Und was versteht man unter naturidentischen Inhaltsstoffen?
Natürliche Rohstoffe sind alle Rohstoffe, die uns die Natur zur Verfügung stellt – sozusagen die erste und reinste Form des Stoffes. Dabei handelt es sich nicht direkt um die Pflanze an sich, sondern um die Produkte der Pflanze, die durch verschiede Verfahren gewonnen werden können. Dies geschieht zum Beispiel durch Extraktion von Wirkstoffen, Auspressen von Ölen oder Destillation, wodurch ätherische Öle und Pflanzenwässer gewonnen werden.
Da die Natur manche Rohstoffe nur in einem begrenzten Maß bieten kann und sie nicht ausgebeutet werden soll (darf!), werden bestimmte Komponenten für die Naturkosmetikherstellung naturidentisch beziehungsweise biotechnologisch nachgebaut. Dadurch können sie in größeren Mengen gewonnen werden, ohne der Natur zu schaden. Naturidentische Wirkstoffe sind in ihrer Zusammensetzung zu 100 Prozent identisch mit ihrem natürlichen Vorbild. Durch ausgeklügelte Verfahren werden sie nach ihrem natürlichen Vorbild 1:1 "nachgebaut".
Was darf Naturkosmetik nicht enthalten?
Bei Naturkosmetik sind Inhaltsstoffe wie Propandiol, Polyethylenglykol (PEG), Silikone, Parabene, synthetische Duftstoffe, Paraffine und andere Erdöl- oder Mineralölprodukte ausgeschlossen.
Kosmetikproduktion mit ökologischer Verantwortung – dafür steht das Kosmetiklabel "Und Gretel".
Ist Naturkosmetik immer ökologisch verträglicher, also "nachhaltiger" als andere Kosmetika?
Naturkosmetik schließt all jene Stoffe aus, welche durch chemische Vorgänge derart verändert wurden, dass sie sowohl dem Menschen als auch unserer Umwelt schaden und nie bedenkenlos in den Naturkreislauf zurückgeführt werden können. So ist zertifizierte Naturkosmetik definitiv ökologisch verträglicher und somit nachhaltiger als konventionelle Kosmetik. Die Zusammensetzung der Produkte ist so gestaltet, dass sie gleichermaßen für Mensch und Umwelt verträglich ist. Neben der sorgfältigen Auswahl der eingesetzten pflanzlichen Rohstoffe spielen die ökologische Verträglichkeit jedes Produktes, also umwelt- und ressourcenschonende Herstellungsverfahren, die optimale Abbaubarkeit von Rohstoffen sowie der sparsame Einsatz recycelbarer Verpackungsmaterialien eine wichtige Rolle. Zudem wird bei der Gewinnung der natürlichen Rohstoffe darauf geachtet, dass keine Pestizide eingesetzt werden.
Was bedeutet Naturkosmetik für Sie – als Profikosmetikerin und privat?
Zur Naturkosmetik gehört auch der "Zauber der Berührung".
Als Naturkosmetikerin lege ich besonderen Wert darauf, Gesicht und Körper mit größtmöglicher Achtung zu behandeln und unser wichtigstes Organ, die Haut, zu pflegen, zu unterstützen und sie zu optimieren. Die Naturkosmetik sieht den Menschen als Ganzes. Für mich bedeutet Naturkosmetik, dass ich die Werte der Natur schätze und respektiere und ihre Kraft nutze, ohne ihr im Nachhinein zu schaden.
Natürliche Kosmetik bedeutet so viel mehr als nur ein Tiegel mit Pflanzencreme. Auch sanfte Berührungen, wohlige Düfte und Massagetechniken sind wichtig, um den Menschen und ihrer Haut Ausgeglichenheit zurückzugeben. Durch die wunderbaren Produkte meiner Partnerfirmen darf ich das Können der Natur jeden Tag bei den Behandlungen an meinen Kunden bewundern. Die Öle, Essenzen und Wirkstoffkombinationen sind in ihrer Wirkkraft immer wieder faszinierend.
Natürliche Schönheit gibt es in allen Farben und Varianten!
Nutzen Sie selbst auch Naturkosmetik?
Seit ich mit Naturkosmetik arbeite, verwende ich ausschließlich Naturkosmetik für die Pflege meiner Haut und die meiner Familie. Ich war und bin schon immer ein sehr naturverbundener Mensch. Nichts kann mich mehr zur Ruhe und Entspannung bringen als die Reinheit und Schönheit der Natur, die ich bei einem Spaziergang im Wald, auf dem Feld oder am Meer erleben darf.
Wenn unsere Haut reden könnte, was würde sie zur Naturkosmetik sagen?
Wahrscheinlich ein aufrichtiges "Dankeschön"! Denn durch die grassierende Zerstörung unserer Umwelt, die Verschmutzung unserer Luft und die Pestizidbelastung unserer Lebensmittel leidet auch unsere Haut heutzutage immer mehr. Dies erlebe ich bei meiner Arbeit tagtäglich. Die Kunden und Kundinnen kämpfen immer mehr mit Hautproblemen, in jedem Alter. Diese Stress-, Nahrungsunverträglichkeits- oder Allergiesymptome sind mittlerweile so vielseitig – und nur mit viel Erfahrung und Geduld kann den Menschen und ihrer Haut hier geholfen werden, nicht mit Kortison und Antibiotikum. Allerdings können auch natürliche Inhaltsstoffe Allergien hervorrufen, doch werden diese niemals das Ausmaß erreichen wie es zum Beispiel bei karzinogenen Inhaltsstoffen möglich wäre.
Pulver mit "Detox"-Qualitäten: weiße Tonerde aus Neuseeland.
Können Sie und ein Beispielprodukt empfehlen, mit dem Sie gerne behandeln?
Eines meiner Lieblingsprodukte ist die "Halloysite Tonerde" der Firma "Living Nature"aus Neuseeland. Diese Tonerde ist ein absoluter Geheimtipp, denn sie ist eine der hellsten und feinsten Tonerdearten der Welt. Da sie nicht mit Giftstoffen belastet ist, besitzt sie die außergewöhnliche Fähigkeit, Gifte und Unreinheiten von der Hautoberfläche aufzunehmen. Außerdem beruhigt und kühlt sie gerötete und gereizte Haut hervorragend. Gerne mische ich sie mit Pflanzenwässern, etwa mit dem Rosenwasser oder dem Immortellenwasser von Primavera.
Nachhaltigkeit und Verantwortung sind ein Trend, der auch in der Kosmetikbranche angekommen ist. Viele Kunden wünschen außer Naturkosmetik auch spezielle "vegane Kosmetik". Wie muss ein Kosmetikprodukt beschaffen sein, um "vegan" heißen zu dürfen? Und: Zählt vegane Kosmetik automatisch zur Naturkosmetik?
Vegane Kosmetik muss nicht zwangsläufig Naturkosmetik sein. Ganz im Gegenteil. Jedes konventionelle Produkt, dass keine Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs enthält, kann sich als veganes Produkt bezeichnen. Somit gibt es sowohl in der konventionellen als auch in der Naturkosmetik vegane Produkte. Aus dem Tierreich stammen zum Beispiel folgende Inhaltsstoffe: Bienenwachs, Wollwachs, Propolis, Molke, Ziegenmilch, Seidenpulver und Carmin (ein aus der Schildlaus gewonnener Farbstoff).
Auch sie freuen sich über Naturkosmetika, die ohne Tierversuche produziert wird.
Thema des Monats
Schönheit ohne Tierleid
Beauty im Sinne der Natur: Kriterien für "vegane" und "tierversuchsfreie" Kosmetik
Über die Unterschiede zwischen Naturkosmetik, veganer Kosmetik und tierversuchsfreier Kosmetik bestehen leider immer noch Zweifel. Unser Monatsthema im Mai möchte hier ein wenig Klarheit schaffen. Unterstützung bekommen wir von der Gründerin der renommierten Naturkosmetikfirma Martina Gebhardt.
Da alle Zertifizierungsrichtlinien für Naturkosmetik Tierversuche verbieten, können meine Kund*innen und ich davon ausgehen, dass die Hersteller der Produkte, die ich in meinem Naturkosmetikinstitut verwende und auch als Heimpflege vertreibe, sich gegen Tierversuche engagieren und keine Tierversuche in Auftrag gegeben haben. Außerdem achten sie strikt darauf, tierversuchsfreie Rohstoffe einzusetzen. Somit kann ich alle Produkte meiner Vertragsfirmen bedenkenlos empfehlen.
Widmen wir uns nun mal den Händen und den Füßen. Was gibt es hierfür im Angebot?
Alle Produkte des Naturkosmetik-Instituts "pure natural" sind zu 100 Prozent natürlich und tierversuchsfrei.
Was Hände, Füße und Nägel angeht, so haben mich hier besonders die Hand- und Fußpflegeprodukte von "Dr. Hauschka" und "The Organic Pharmacy" überzeugt. Die "Marigold und Comfrey Handcreme" von The Organic Pharmacy, mit den Hauptwirkstoffen Ringelblume, Beinwell, Sesamsamenöl, Sheabutter, Honig und Vitamin E, ist eine leichte und heilende Handpflege, die sofort einzieht und besonders trockene und rissige Hände versorgt und heilt. Für die Hand- und Armmassage meiner Kund*innen, die sie während der Einwirkzeit der Gesichtsmaske genießen dürfen, verwende ich sehr gerne die "Handcreme" von Dr. Hauschka. Diese pflegt mit den besonderen Inhaltsstoffen wie Wundklee, Schlehenblüte, Eibisch und Karotte.
Für extrem raue und trockene Füße gibt es die "Fußcreme" von Dr. Hauschka. Für schwitzende Füße empfehle ich die "Desodorierende Fußcreme", die Feuchtigkeit hervorragend bindet, erfrischt und die Fußhaut schützt. Hauptwirkstoffe sind hier die Goldrute, Rosmarin und Salbei. Bei der "Fußcreme" sind es Johanniskraut, Schlehe, Rosskastanie und Olivenöl.
Haben Sie auch noch einen Tipp für die natürliche Nagelpflege?
Die hochwertigen Nagellacke der Firma "Nailberry" haben es mir und meinen Kundinnen mit ihren frischen wie auch eleganten Farben angetan. "Colour your Nails healthy", so lautet das Motto dieser Naturkosmetikfirma aus London. Die Lacke sind alle "12 Free", das heißt: Sie verzichten bei der Herstellung auf 12 potenziell schädliche Substanzen in ihren Nagellacken. "Nailberry" hält, was es verspricht, und ich habe ein gutes Gefühl, wenn ich meinen Kundinnen und auch mir persönlich wieder mehr Farbe für die kommende Frühlings- und Sommersaison auf die Fuß- und Fingernägel zaubere.
Abschließend noch eine Frage aus aktuellem Anlass: Wie jede andere Kosmetikerin sind auch Sie seit März 2020 von den "Corona-Regeln" betroffen. Wie reagieren Sie in Bezug auf Ihr Kosmetik-Institut auf diese Krise?
Auch ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, wie ich trotz Institutsschließung und Mindestabstandsgebot wenigstens etwas Umsatz generieren kann. So habe ich meinen Kund*innen angeboten, dass sie sich telefonisch, per Videochat oder per E-mail von mir beraten lassen können und dass ich ihnen Produkte persönlich vorbeibringen oder per Paket zusenden kann. Diese Angebote wurden bereits vielfach genutzt, das erleichtert mich zumindest ein wenig. Dennoch hoffe ich so sehr, dass ich spätestens im Mai wieder persönliche Behandlungen anbieten kann, denn meine Arbeit und meine Kunden fehlen mir enorm.
Liebe Frau Giersberg-Mischinger, wir bedanken uns ganz herzlich für das interessante Interview mit den vielen guten Tipps und die Einblicke in die Welt der Naturkosmetik. Wir wünschen Ihnen und all Ihren Kolleg*innen, dass Sie gut durch die schwierige Zeit kommen – und Ihre Kundschaft bald wieder persönlich empfangen können.
Stephanie Giersberg-Mischinger, Jahrgang 1976, führt seit 2016 ihr eigenes Naturkosmetikinstitut in ihrem Heimatort Durmersheim, im Landkreis Rastatt in Baden-Württemberg. Davor lebte sie mit ihrem Mann und ihren mittlerweile vier Kindern für sieben Jahre in China sowie vier Jahre in der Nähe von Hannover. Nachdem sie über sechs Jahre mit konventioneller Kosmetik gearbeitet hatte, wechselte sie aus eigener Überzeugung zur Naturkosmetik. Bis heute bildet sie sich in diesem Bereich regelmäßig weiter.