Michael Altewischer, Geschäftsführer der Wellness-Hotels & Resorts GmbH, blickt hoffnungsvoll in die Zukunft der Wellnessbranche.
Wellness ist zeitlos. Wellness als Lebensstil ist ein ebenso kollektives wie individuelles Bedürfnis. Wellness als Branche befindet sich von jeher im ständigen Wachstum und Wandel, mit jeweils neuen Ansprüchen und Angeboten. Stimmt, aber…: Die derzeit größte Herausforderung, die noch vor 15 Monaten niemand voraussehen konnte, lautet: Lockdown.
In unserem Experteninterview im März wollen wir eine Branche beleuchten und zu Wort kommen lassen, die in der aktuellen Lage schwer kämpfen muss – und zugleich immer wichtiger für die Menschen wird. Wellness – quo vadis? Wir haben nachgefragt bei Michael Altewischer, Geschäftsführer derWellness-Hotels & Resorts GmbH:
Die Wellness-, Gastronomie- und Tourismus-/Hotel-Branche steht – wie viele andere Branchen auch – pandemiebedingt vor einer riesengroßen Herausforderung. Welche Möglichkeiten haben Wellnessanbieter aktuell, darauf zu reagieren?
Solange die Hotels und Spas geschlossen bleiben müssen, sind die Möglichkeiten natürlich stark eingeschränkt. Viele Wellnesshoteliers haben die Zeit aber kreativ genutzt, um ihren Gästen weiterhin über digitale Medieneinzelne Angebote zum Thema Wellness machen zu können.
Wie sehen diese "digitalen Angebote" konkret aus?
Ganz konkrete Beispiele sind Videos mit kurzen Yoga-Einheiten, die das "Hotel Paradies" in Südtirol seinen Gästen während der Lockdowns zur Verfügung gestellt hat, oder etwa ein Online-Fastenkurs. Bei letzterem hat "Menschels Vitalresort" ein einwöchiges Fastenprogramm zusammengestellt, bei dem die Teilnehmer jeden Tag ein Impulsvideo für einen motivierten Start in den Tag erhalten. Dazu gibt es Anleitung, Rezepte und Einkaufsliste sowie zahlreiche Tipps für ein erfolgreiches Fastenerlebnis. Highlight ist ein täglicher Live Fasten-Talk mit den Fastenexperten des Wellnesshotels.
Auf Abstand gehen, aber gleichzeitig Kontakt und soziale Nähe durch Digitalisierung fördern – das mag in einigen Bereichen gelingen. Für das Live-Erlebnis in Wellness-Ressorts gibt es diese Option naturgemäß nicht. Wie funktioniert die alternative Kundenbindung in "diesen Zeiten"?
Wellness-Apps gibt es mittlerweile unzählige; sie können die Zeit bis zum nächsten Präsenzaufenthalt im Wellnesshotel überbrücken.
Wellnessangebote können natürlich nicht – wie zum Beispiel eine Konferenz – einfach auf digitale Kanäle verlegt werden. Mit ihren Gästen bleiben die Wellnesshoteliers aber genauso, wie in anderen Branchen, über alle verfügbaren Kanäle in Kontakt. Die Gäste werden über die aktuelle Situation in den Häusern informiert (viele Hotels nutzen die Lockdowns für Renovierungen oder Erweiterungen und steigern so die Vorfreude auf den nächsten Wellnessurlaub doppelt). Außerdem versorgen die Experten alle Interessierten mit Wellnesstipps für die Zeit zu Hause. Dazu gehören kleine Fitness-Videos auf Instagram genauso wie Rezepte für gesunde und leckere Gerichte auf den hoteleigenen Blogs, DIYs für Gesichtsmasken auf Facebook oder inspirierende Gedanken und Zitate per Newsletter.
Thema des Monats
Wellness – früher, heute, morgen?
In einer Zeit von eingeschränkten Aktivitäten über Wellness nachzudenken, klingt fast ein wenig nach Unverfrorenheit. Aber wenn nicht jetzt, wann dann? Wellnessals Lebensstil könnte uns im Moment mehr bieten als je zuvor. Zudem sehnen sich die Menschen auch im Lockdown nach Maßnahmen, die ihr Wohlbefinden steigern.
Stichwort "digital Wellness" – ein Trend der Zukunft? Die Virtual Reality Brille als digitale Wellness-Einstimmung zur Entspannung wird in einigen Spas und Wellness-Instituten schon seit einiger Zeit (auch längst vor Corona) angeboten. Wird sich das Ihrer Meinung nach langfristig durchsetzen?
"Touchless treatments" sind eine Alternative in Zeiten von physical distancing, aber niemals ein Ersatz für menschliche Berührungen.
Digitale Technologien im Spa sind schon länger ein Thema, auf dem Markt gibt es inzwischen unterschiedlichste Produkte. Wirklich durchsetzen konnten sich die meisten im deutschsprachigen Raum bislang nicht. Hier ist das Thema nach wie vor sehr zukunftsbehaftet, obwohl viele Technologien einsatzbereit sind.
Gerade jetzt durch die Pandemie bekommen digitale Geräte im Spa und speziell das Thema "Touchless treatments" wieder gesteigerte Aufmerksamkeit. Corona hat zu einer Diskussion geführt, inwiefern Be"hand"lungen im Spa überhaupt noch möglich sein werden und ob man Behandlungen nicht auch ohne Berührung durchführen kann. Gharieni hat beispielsweise mit "Celliss" ein Hightech Gerät herausgebracht, das weitgehend ohne Personal auskommt.
Trotz Digitalisierung und High-Tech: Wellness in der Natur ist 2021 einer der großen Trends.
Maschine statt Mensch? Tatsächlich eine irritierende Vorstellung…
Unsere Einschätzung ist, dass das Thema Mensch auch zukünftig nicht komplett ersetzt werden kann. Echte Berührungen und persönliche Beratung sprechen Ebenen an, die ein Gerät niemals bedienen kann. Digitale Technologien werden aber immer mehr ergänzend eingesetzt werden. Im Wellnesshotel reicht das von Hautanalysegeräten (die modernen Geräte haben annähernd medizinisches Niveau) im Spa über Smarte Fitness Spiegel bis hin zu "Smart Mirrors" (intelligente, interaktive Spiegel) in den Hotelzimmern.
"Entspannung durch Technologie", wie es neben der VR-Brille auch multisensorische Klang- und Farbräume versprechen, wird sich als Trend Ihrer Einschätzung nach demnach nicht durchsetzen?
Solche Dinge sind – wie Sie sagen – schon heute im Einsatz und werden auch zukünftig Teil des Marktes sein. Allerdings hat sich davon kaum etwas wirklich durchgesetzt, und wir gehen davon aus, dass der Marktanteil auch weiterhin im einstelligen Prozentbereich bleiben wird. Wenn es um die Gesundheit geht, ist das Tracking natürlich ein großes Thema. Hier werden sicherlich auch in der Wellnesshotellerie Tools, die eine virtuelle Unterstützung bieten, weiter an Bedeutung gewinnen. Dazu zählen zum Beispiel Smart Watches der neuesten Generation, "wearable t-shirts", Schmuckstücke, die NFC (nearfield communication) integriert haben, oder Smart Mirrors.
Wellness als Lebensgefühl: individuell, bunt, gesund – und einfach nur schön!
Von Heraklit stammt der Ausspruch "Nichts ist so beständig wie der Wandel". Oder um es mit Gandhis Worten zu sagen: "Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun!" Heißt das für die Wellness-Branche, sie ist nicht nur Wandlungsprozessen unterworfen, sondern kann und soll diese auch mitgestalten und beeinflussen?
Wie Wellness im Spa und der Wellnesshotellerie erlebbar ist, ist ein Wechselspiel zwischen gesellschaftlichen, politischen Prozessen und der Branche. Nicht selten werden aufkommende Bedürfnisse und Trends aus der Gesellschaft aufgenommen und Angebote dazu entwickelt – die dann dazu beitragen, dass noch mehr Menschen ihr Interesse daran entdecken.
Lieber Herr Altewischer, wir bedanken uns für Ihre interessanten Eindrücke aus der Wellness-Branche und wünschen alles Gute für die Zukunft!
Hier kommen einige Wellness-Tipps aus der wöchentlich aktualisierten WH-R-App:
Aktives Sitzen: Wir sitzen viel zu viel. Und dass wir schon als Kind lernen, schön gerade zu sitzen, macht es noch schlimmer. Denn Abwechslung ist auch beim Sitzen wichtig. Also ruhig mal nach vorne, hinten oder zur Seite lehnen und zwischendurch auch immer mal wieder aufstehen.
Rot, gelb, grün: Buntes Gemüse sieht nicht nur toll aus, sondern ist auch besonders gesund. Denn wer bei seinen Mahlzeiten Mut zu vielen Farben beweist, isst ausgewogen und versorgt seinen Körper mit Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen, die die Zellen schützen.
Facelift: Einem kleinen Doppelkinn kann ganz einfach ohne Nadeln und teure Cremes der Kampf angesagt werden. Dazu mehrmals täglich die Faust von unten gegen das Kinn drücken und versuchen, gegen den Druck den Mund zu öffnen. So strafft sich die Haut und bleibt elastisch.
Gegensätze entspannen: Oft fällt es gar nicht so leicht zu entspannen. Hilfreich sind dann Aktivitäten, die im Gegensatz zum Alltag stehen: Wer viel am Schreibtisch sitzt, den entspannt Bewegung, und wer den ganzen Tag unter Menschen ist, dem tut Ruhe gut.
Über unseren Experten und das Unternehmen:
Michael Altewischer ist Geschäftsführender Gesellschafter in der Düsseldorfer Zentrale der Wellness-Hotels & Resorts GmbH. Seine Schwerpunkte liegen in der Wellness-Betriebsplanung und der betriebswirtschaftlichen Führung von Spa-Abteilungen.
Die Kooperation der Wellness-Hotels & Resorts (WH-R) ist die erste Adresse für Wellness-Erlebnisse und steht seit 1997 an der Spitze der deutschsprachigen Wellness-Hotellerie. Sie fungiert außerdem als Vorreiter beim Thema Positionierung in der Wellnesshotellerie und zählt bereits top positionierte Häuser, beispielsweise im Bereich Thalasso, Ayurveda oder auch Medical und Mental Wellness, zu ihren Mitgliedern. Unabhängige TÜV-Experten testen die Hotels unter anderem unter den Aspekten Großzügigkeit, Innovation und Nachhaltigkeit des SPA-Bereichs.