Raus ins Grüne: Fitness für die Faszien!

Faszien lassen sich überall trainieren – und im Freien macht es sogar besonderen Spaß! Wie das geht, verraten zwei ausgewiesene Spezialisten: Beatrix Baumgartner ist Physiotherapeutin und Osteopathin, kennt sich also mit dem faszinierenden Gewebe, das unseren Körper wie ein Netz umhüllt, bestens aus. Markus Strini ist ehemaliger Profitriathlet und weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig Faszien für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere sportliche Leistung sind. Beide Experten erklären in ihrem aktuellen Ratgeber „Faszientraining Outdoor“, wie man Faszien-Übungen einfach und effektiv an der frischen Luft ausführen kann. Denn es gilt das Motto: Leben ist Bewegung – und Bewegung ist Lebensfreude!
Ob Treppenstufen im Freien, die zum Training genutzt werden können, oder Wiesen, Bäume, Bänke, Stöcke und Steine. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die Faszien geschmeidig zu machen. Und es lohnt sich: Führte das muskuläre Bindegewebe bis vor wenigen Jahren noch ein Schattendasein, zeigen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, wie wichtig unser Faszien-Netzwerk ist. Für Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Energie. Und nicht zuletzt für die Schönheit! Also: Nichts wie raus zum Faszien-Training und nichts wie rein ins Thema.

Frau Baumgartner, Herr Strini, beginnen wir mit dem Grundlegenden: Was genau sind Faszien – und wie funktionieren sie?

Die Faszie ist ein körperweites Netzwerk. Sie ist in verschiedene Schichten von faserigem, kollagenhaltigem Bindegewebe unterteilt und untrennbar mit dem Muskel verbunden – deswegen sagt man dazu auch Muskel-Fasziensystem. Unsere Bewegungsabläufe funktionieren nicht in einzelnen Muskeln, sondern in langen Muskel-Faszien-Ketten, welche unseren gesamten Körper durchziehen. Ohne die Faszien wäre die muskuläre Kraftübertragung innerhalb unseres Körpers nicht möglich: Wenn der Muskel sich zusammenzieht, gibt die Faszie die Kraft im Körper weiter, was die Voraussetzung für eine koordinierte Bewegung darstellt. Die Faszie ist unser sechster Sinn, unser »Spürorgan«, denn in ihr sitzen wichtige Sensoren. In der Fachsprache werden sie Rezeptoren genannt: Sie helfen uns bei der Orientierung in der Umwelt (Propriozeption), aber auch bei der Wahrnehmung des eigenen Körpers (Interozeption).

Das ist sehr interessant! Manchmal allerdings tun wir auch Dinge, die nicht gut für unsere Faszien sind. Womit schaden wir ihnen?

Der Faszie kann sowohl durch Über- als auch durch Unterbelastung geschadet werden. Bei einer Überbelastung der Faszie, zum Beispiel durch sich immer wiederholende Bewegungen im Sport, kann diese verkleben. Die Flüssigkeit zwischen den Faszienschichten schwindet, es kann zu Reibung und Entzündungen kommen. Das Gegenteil ist die Unterbelastung der Faszie. Durch die Technisierung und die Digitalisierung hat die Bewegung in unserem Alltag stark nachgelassen. Viele Menschen verbringen Stunden täglich am Schreibtisch und bewegen sich nicht ausreichend. Langes Sitzen ist für den gesamten Organismus Gift. Jedoch führt diese Unterbelastung der Faszien auch dazu, dass einzelne Schichten verfilzen, ihre Gleiteigenschaften verloren gehen und somit auch die Belastbarkeit. Eine verdickte Rückenfaszie beispielsweise kann der Grund für Rückenschmerzen mit ungeklärten Ursachen sein.

Bewegung ist also hilfreich, deshalb jetzt zum Thema „Outdoor-Training“! Es ist erwiesen, dass Bewegung unter freiem Himmel Geist und Körper gleichermaßen guttut. Wie können wir unser Faszien-Gewebe effektiv und mit Freude im Freien trainieren?

Alle Sportarten setzen sich aus den Grundbewegungsformen zusammen: Gehen, Springen, Laufen, Werfen, aber auch Hängen, Krabbeln und das (Fort-)Bewegen von Gewichten. Der Alltag unserer Vorfahren bestand grundsätzlich aus diesen Bewegungen, das ist heute nicht mehr der Fall. Um den Körper und die Faszien gleichmäßig zu trainieren, müssen alle Bewegungen berücksichtigt und wiederaufgenommen werden. Wir gehen mit unserem Training quasi dahin zurück, wo wir hergekommen sind. Direkt in die Natur. Das gilt auch für den Ort des Trainings. In der Natur lassen sich alle Grundbewegungsformen am natürlichsten ausführen, ohne viel Aufwand. Es werden keine Geräte benötigt – im Freien können Treppen, Bänke und Wiesen optimal als Trainingsschauplatz dienen.

Auch am Arbeitsplatz kann etwas für die Faszien getan werden, indem wir unsere langen Sitzphasen unterbrechen. Der Mensch ist eigentlich nicht zum Sitzen, sondern zum Hocken gemacht. Die archaische Hocke (tiefe Hocke) ist besonders gut für unsere Wirbelsäule und hält die Spannung im Rumpf aufrecht. Daher sollte die tiefe Hocke immer wieder in den Bewegungsalltag eingebaut werden.

Uns interessiert natürlich auch das Thema „Schönheit“. Was hat Faszien-Training mit Schönheit und Beauty zu tun?

Faszien-Training formt den Körper positiv, verleiht Stabilität und Geschmeidigkeit und verbessert das Körpergefühl. Das Faszien-Gewebe ermöglicht uns unsere aufrechte Körperhaltung und Körperspannung. Jemand mit guter Körperhaltung wirkt automatisch anmutiger und selbstbewusster. Der Zustand unseres Gewebes hat auch Einfluss auf unseren Alterungsprozess. Wer Anti-Aging betreiben möchte, sollte seine Faszie durch entsprechendes Training und entsprechende Lebensumstände elastisch und kräftig halten. Mit Faszien-Training tut man also definitiv etwas für Fitness, Schönheit und Beauty!

Zum Schluss noch eine Wohltat für die Füße: Sie stellen den „Duck Walk“ vor – gut für alle, die viel zu Fuß unterwegs sind, aber auch für Vielsitzer. Wie können wir mit dem Entengang unsere Füße verwöhnen?

Der „Duck Walk“ wird ausschließlich barfuß gemacht. In der Ausgangsposition berühren sich die Fersen und die Zehenspitzen zeigen ca. 45 Grad nach außen. Stell dich auf einem Bein auf die Zehenballen; dadurch hebt der andere Fuß vom Boden ab. Nun mach auf dem Ballen eine Drehung nach vorne und setz die Fußsohlen wieder auf den Boden. Nun wiederhole die Bewegung mit dem anderen Bein. Diese Übung verlangt viel Koordination und hat auch kräftigende Wirkung. Sie ist ein gutes Training für Fußstabilität und kräftigt den Unterschenkel – also gut für alle, die viel zu Fuß unterwegs sind, und natürlich auch für Vielsitzer!

Sie möchten Kontakt aufnehmen? Gerne!

• Renja Lüer: www.wordwell.de
• Rita Utzenrath: https://textbuero-utzenrath.de/