Luxus mit Verantwortung

Nachhaltigkeit ist ein großes Wort. Aber es bleibt eine leere Worthülse, wenn es nicht zu Taten führt. In Zeiten wie diesen, wo ökologische Verantwortung nicht mehr nur ein politisches Schlagwort ist, sondern jeder Einzelne angesprochen ist, gilt nachhaltiges Handeln in allen Bereichen des Lebens. Besonders herausgefordert ist hier auch – natürlich! – die Wellness- und Gesundheitsbranche, die eine große Verantwortung trägt. Spa- und Wellnessangebote, die mit "bio", "öko-", "natur-" beworben werden, sind nicht mehr nur ökonomische Konzepte, sondern fußen auf einer gelebten "ökologischen Unternehmensphilosophie". Wer "Bio" anbietet, muss auch "Bio" leben.

Das traditionsgeführte Biohotel Eggensberger am Hopfensee beweist auf überzeugende Weise, dass alternative Energiekonzepte sehr gut funktionieren – und letztlich nicht nur der Natur, sondern auch dem Erholung suchenden Gast zu Gute kommen. Luxus und Natürlichkeit sind dabei nicht nur keine Gegensätze, sondern ganz im Gegenteil: Sie gehören untrennbar zusammen. In unserem Experteninterview erzählen Heike und Andreas Eggensberger, wie sie ihr Biohotel im Allgäu durch alternative Energiekonzepte in ein "natürliches Luxus-Ressort" verwandelt haben.

Frau und Herr Eggensberger, Sie haben sich vor 16 Jahren dazu entschlossen, Ihr familiengeführtes Hotel, das Sie in zweiter Generation betreiben, "umzurüsten" und den ökologischen Anforderungen anzupassen. Gab es dafür einen konkreten Anlass oder einen bestimmten Impuls?

Dieser Impuls hat eigentlich schon immer in uns geschlummert. Wir kennen uns von der Katholischen Jugendarbeit und haben uns schon in den 90er Jahren sehr stark für die "Bewahrung der Schöpfung", "Gerechtigkeit" und "Solidarität" engagiert. Unsere Eltern wurden bereits 1989 Biolandwirte, und so war es möglich, dass wir mit "Bioland" Mitstreiter finden konnten, um die Biohotels aus Österreich auf Deutschland und Südtirol zu erweitern.

"Nachhaltigkeit" ist ja nicht nur ein bloßes Wort, sondern steht für eine Idee oder einen Auftrag. Was verstehen Sie unter dem Begriff? Haben Sie eine – gerne auch persönliche – Definition von Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit bedeutet für uns, dass wir unser Tun und Wirtschaften so gestalten, dass die nächsten Generationen auf dieser Erde auch noch leben können. Konkret definieren wir unsere Nachhaltigkeit darin, dass wir pro Gast und Nacht einen CO2-Fußabdruck von 8 kg/Gast/Nacht haben und die dabei nicht vermeidbaren Emissionen durch sinnvolle Projekte gemäß "Green-House-Protocol" ausgleichen. Das ist eine internationale Standardreihe zur Erfassung von Treibhausgasemissionen im unternehmerischen und öffentlichen Bereich.

Einige Menschen denken immer noch, dass Luxus und "Bio" nicht zusammenpassen. Ihr Biohotel ist der überzeugende Beweis dafür, dass das nicht stimmt. Was bedeutet Luxus denn eigentlich? Ist der Begriff nicht auch einem zeitlichen Wandel unterworfen? Und wie sieht Ihr persönliches Verständnis von Luxus aus, für Sie selbst und für Ihre Gäste?

Luxus wird bei uns so definiert, dass er keinesfalls "verschwenderisch" sein darf, was die Ressourcen betrifft. Wir haben unsere Energieverbräuche und Lebensmittelherkunft so organisiert, dass unsere Gäste ohne Reue genießen können und wir uns um die Ökologie kümmern. Einfach Zeit und Raum für eine verdiente Auszeit zu bekommen, das ist für uns Luxus.

Im Hinblick auf die Ökologie stehen diese Maßnahmen zweifelsfrei außer Frage. Aber als Unternehmer muss man ja auch ökonomisch denken. Zahlen sich solche Energiekonzepte auch wirtschaftlich aus? Welche (staatlichen?) Fördermöglichkeiten gibt es? Und können Sie damit rechnen, dass sich Ihre ja nicht unerheblichen Investitionen in die Nachhaltigkeit eines Tages amortisieren?

Unser gesamtes ökologisches Energiesystem spart sogar noch ein wenig Geld, denn wir bezahlen pro kw 2€-Cent weniger, als dies vor den Investitionen in Blockheizkraftwerk und Solaranlagen der Fall war. Eine Förderung haben wir nicht erhalten, aber den überschüssigen Strom, den wir trotz Selbstverbrauch, E-Autos, Energiemanagement und Batteriespeicher dennoch haben, bekommen wir mit 11,92 €Cent/ kw vergütet. Man bezahlt also nicht drauf, sondern schreibt eine "Schwarze Null". Und wenn es gut läuft, sogar noch mehr.

Stichwort: Biogas. Sie nutzen Küchenabfälle zur Energiegewinnung. Mit dem Stecker in der Möhre funktioniert das natürlich nicht. Wie kann man sich das vorstellen?

Unsere Lebensmittelabfälle werden einmal pro Woche mit einem LKW (natürlich mit Biogas-Antrieb) abgeholt, in eine Verwertungsfirma in 30 km Entfernung gefahren, dort zu Biogas fermentiert, gereinigt und als 97%-reines Methan in das Erdgas-Netz eingespeist. Wir entnehmen hier in Hopfen am See das Bio-Erdgas aus dem Netz und bezahlen der Einspeise-Firma eine höhere Summe, als dies für russisches Erdgas erforderlich wäre. Dadurch unterstützen wir ein lokales Unternehmen und  vermeiden, dass unnötiges Methan oder CO2 in die Atmosphäre gelangt.

Ausblick in die Zukunft: Die Agenda 2030 des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) nennt 17 Zielvorstellungen, die wir alle in nunmehr nur noch 11 Jahren umgesetzt haben sollten, um unser Klima – sprich: unser Leben auf der Erde – zu schützen. Wo könnte die Hotel-, Spa- und Wellnessbranche dann stehen? Wie realistisch sind die Ziele bzw. welche ökologischen Konzepte könnten Ihrer Meinung nach bis dahin von allen Betreibern umgesetzt worden sein?

Seit diesem Jahr sind wir guter Hoffnung, dass die Menschen aufwachen und endlich ALLE etwas zur Bewahrung unserer Schöpfung tun. Außer Herrn Trump und manch unverbesserlichen Parteien sind sich ja auch alle Menschen einig, dass der Klimawandel vom Menschen forciert wird und wir deshalb etwas tun können und müssen.

Und nun zum guten Schluss: Wie reagieren die Gäste auf Ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit? Werden diese wahrgenommen? Und wollen sich die Gäste in ihrer Freizeit überhaupt mit diesem Thema beschäftigen?

Unsere Gäste sind begeistert, wenn wir unser Hotel bei der wöchentlichen "Gästebegrüßung" vorstellen. Es ergeben sich wunderbare Gespräche und wir betonen immer gerne unseren Leitsatz: "Wir möchten nicht die Probleme der Klimaerwärmung ansprechen, sondern wir zeigen Ihnen Lösungen und nehmen Ihnen die Umsetzung dazu hier im Hotel gerne ab".

Vielen Dank für das spannende Interview!

Sie möchten Kontakt aufnehmen? Gerne!

• Renja Lüer: www.wordwell.de
• Rita Utzenrath: https://textbuero-utzenrath.de/